
Anika Brunner
06. November 2025

Zeitwertkonten (Wertguthaben) sind kein Muss, können aber eine sinnvolle Ergänzung in modernen, modularen Benefit-Portfolios sein – sofern Kultur, Compliance und Administration zusammenpassen. Dieser Beitrag ordnet ein, zeigt Zahlen & Erfahrungen und erklärt den Rahmen für eine rechtssichere Umsetzung.
Wenn wir heute über Benefits sprechen, geht es längst nicht mehr nur um Obstkorb und Jobrad. Gefragt sind Angebote, die Menschen in unterschiedlichen Lebensphasen wirklich weiterhelfen – mal mehr Zeit für Familie oder Pflege, mal fokussierte Weiterbildung, mal ein Sabbatical. Genau hier setzen Zeitwertkonten an: Mitarbeitende sparen Zeit- oder Entgeltbestandteile an und finanzieren daraus längere Freistellungen – bei fortlaufendem Arbeitsverhältnis und sozialversicherungsrechtlicher Absicherung (BMAS, FAQ „Wertguthaben“, 22.04.2024). Für Arbeitgeber ist das kein Pflichtprogramm, aber eine Option, mit der sich Bindung, Arbeitgeberattraktivität und Personalplanung strategisch stärken lassen – vorausgesetzt, Governance und Prozesse sind sauber aufgesetzt (BMF, LStH 2023 Anhang 31a).
Zeitwertkonten – oft auch Langzeitkonten oder Wertguthaben genannt – beruhen auf einer Vereinbarung, nach der künftig fälliger Arbeitslohn nicht sofort ausgezahlt, sondern wertgesichert für eine spätere Freistellung angespart wird. Typische Verwendungszwecke: Sabbaticals, Pflege- oder Familienzeiten, Bildungsphasen sowie der gleitende Übergang in den Ruhestand (BMAS, Broschüre „Wertguthaben“; BMF, LStH 2023 Anhang 31a). Wichtig ist die Abgrenzung: Kurzzeit- und Gleitzeitkonten dienen dem kurzfristigen Ausgleich von Mehr- oder Minderarbeit und sind steuer- sowie sozialrechtlich etwas völlig anderes. Zeitwertkonten zielen auf längere Phasen und folgen eigenen Regeln – u. a. mit Anforderungen an Insolvenzschutz, Zweckbindung und Dokumentation (Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 6-071/16).
Die rechtliche Grundlage wurde mit dem sogenannten Flexi‑II‑Gesetz geschaffen und im SGB IV verankert (§§ 7b–7f). Kernpunkte: verpflichtender Insolvenzschutz, klare Zweckbindung der Freistellung, Portabilität und die Abgrenzung zu anderen Arbeitszeitmodellen (BMAS, FAQ „Wertguthaben“; Bundestag, Wissenschaftliche Dienste, WD 6-071/16). Steuerlich entscheidend ist das Zuflussprinzip: Die Besteuerung erfolgt erst bei Auszahlung während der Freistellung; Voraussetzung sind eine anerkannte Zeitwertkontengarantie und formal korrekte Vereinbarungen (BMF, LStH 2023 Anhang 31a). Bei einem Arbeitgeberwechsel kann das Wertguthaben grundsätzlich auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden; alternativ ist die Übertragung auf die Deutsche Rentenversicherung Bund möglich, die das Guthaben verwaltet und später auszahlt (DRV Bund, Broschüre „Wertguthaben übertragen“, 12/2024).
Dass Zeit als Steuerungsgröße wichtiger wird, zeigen aktuelle Arbeitszeitdaten: Ende 2023 lagen rund 473 Mio. Stunden auf Kurzzeit-/Gleitzeitkonten – ein Höchststand und deutlich mehr als 2013. Das sind zwar keine Zeitwertkonten, aber ein klares Signal, wie stark Unternehmen und Beschäftigte zeitbasierte Flexibilität nutzen (IAB-Kurzbericht, 2025). Gleichzeitig ist das Angebot an Langzeitlösungen noch überschaubar: Eine Auswertung auf Basis von IAB-Betriebsdaten zeigt, dass 2014 nur 5,3 % der Betriebe längere Freistellungen über Arbeitszeitkonten ermöglichten; 2,7 % führten separate Langzeitkonten – in Großbetrieben häufiger als im Mittelstand (Hans‑Böckler‑Stiftung/WZB, 2018). Auf der Nachfrageseite berichten Unternehmen in einer Untersuchung von WTW, dass Zeitwertkonten bei Mitarbeitenden sehr positiv ankommen (96 % positive Bewertung); 80 % erwarten künftig einen Wettbewerbsnachteil, wenn kein Modell angeboten wird (WTW, 2023).
Für Beschäftigte eröffnet ein Wertguthaben echte Gestaltungsspielräume: Wer eine Bildungsphase, Pflegezeit oder ein Sabbatical plant, kann die Freistellung mit Einkommensfortzahlung realisieren – ohne den Arbeitgeber verlassen zu müssen. Das stärkt Gesundheit, Qualifikationsentwicklung und eine realistische Balance zwischen Beruf und Leben (BMAS, Broschüre „Wertguthaben“). Gleichzeitig bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen, Sozialversicherung läuft weiter und der Wiedereinstieg ist planbar – zentrale Punkte, die in internen Mitarbeiterbefragungen regelmäßig als vertrauensbildend genannt werden (WTW, 2023).
Für Arbeitgeber kann ein optionales Zeitwertkonto drei Hebel auslösen: Erstens stärkt es die Bindung – Mitarbeitende, die eine längere Freistellung planen, kündigen seltener und kehren in der Regel zurück. Zweitens zahlt es auf die Arbeitgebermarke ein: Lebensphasenorientierung wird sichtbar gelebt und nicht nur versprochen. Drittens verbessert es die Planbarkeit, etwa über gleitende Ruhestandsmodelle, die demografische Übergänge abfedern (BMAS, FAQ; BMF, LStH 2023 Anhang 31a). Praxisberichte zeigen zudem, dass Zeitwertkonten in Veränderungs- und Trennungssituationen als fairer Übergangsbaustein genutzt werden (WTW, 2024).
Gute Benefits sind wahlfrei, verständlich und anschlussfähig. Viele Unternehmen kombinieren heute kurzfristige Elemente (Mobilität, Verpflegung, Gesundheit) mit strategischen Bausteinen, die langfristige Bedürfnisse adressieren. Zeitwertkonten liefern genau diese Langfrist-Komponente – für Mitarbeitende, die Zeit an bestimmten Lebenspunkten höher gewichten als „mehr Netto jetzt“. Wichtig ist die saubere Einbettung: Betriebsvereinbarung oder Tarifbezug, klar definierte Zugangs- und Entnahmeregeln, Informationspflichten, Insolvenzschutz und Reporting sollten aus einem Guss kommen (BMAS, FAQ „Wertguthaben“; BMF, LStH 2023 Anhang 31a).
Lange galt die Administration als Hemmschwelle. Inzwischen gibt es digitale Lösungen, die Kontoführung, Wertgarantie-Monitoring und Schnittstellen zur Payroll deutlich vereinfachen. Als Beispiel – ohne Empfehlungspflicht oder Partnerschaft – lässt sich timefonds nennen: Der Anbieter setzt die Abwicklung vollständig digital auf, bietet Self‑Service für Mitarbeitende und kooperiert zur Geldanlage mit einer Depotbank (timefonds.com; IT‑Finanzmagazin, 11.12.2023). Für KMU kann das interessant sein, weil interne Overheads sinken – vorausgesetzt, das Unternehmen entscheidet sich bewusst für ein Zeitwertkonto.
Ob ein Zeitwertkonto passt, lässt sich mit vier Fragen klären: Passt das Modell strategisch zur Kultur, Demografie und Rollenstruktur – etwa wenn Ruhestandsgestaltung, Pflegezeiten oder Weiterbildung planbar unterstützt werden sollen (Hans‑Böckler‑Stiftung/WZB, 2018)? Sind Governance und Compliance gesichert – von der Insolvenzsicherung über Zweckbindung und Angemessenheit bis hin zur korrekten Anwendung des Zuflussprinzips (BMF, LStH 2023 Anhang 31a; BMAS, FAQ 2024)? Gibt es belastbare Prozesse für Portabilität und „Störfälle“, also Übertragungen an neuen Arbeitgeber oder Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV Bund, Broschüre „Wertguthaben übertragen“, 12/2024)? Und rechnet sich der Business Case im Zusammenspiel aus Produktivitäts-, Rekrutierungs- und Bindungseffekten – flankiert von klarer, verständlich aufbereiteter Kommunikation (WTW, 2025)?
Zeitwertkonten müssen nicht in jedes Unternehmen. Aber dort, wo Belegschaften Lebensphasen‑Flexibilität aktiv nachfragen und Führung sowie HR bereit sind, Governance und Prozesse sauber aufzusetzen, können sie spürbaren Mehrwert schaffen: planbare Auszeiten, faire Übergänge, stärkere Bindung und ein glaubwürdiger Baustein im Employer Branding. Entscheidend ist die kluge Einordnung in ein modulares Benefit‑Portfolio – so bleiben Wahlfreiheit und Kostenkontrolle gewahrt, und Investitionen landen genau dort, wo sie für Mitarbeitende und Organisation den größten Effekt haben (BMAS, BMF, DRV; WTW).
Transparenzhinweis: emplu bietet selbst keine Zeitwertkonten an und hat keine formelle Partnerschaft mit timefonds. Der Anbieter wird als Beispiel genannt, um zu veranschaulichen, wie digitale Umsetzung in der Praxis aussehen kann.
emplu hat bei OMR Reviews die begehrte Auszeichnung als TOP RATED in der Kategorie Benefit Administration erhalten. Diese Anerkennung spiegelt unsere Expertise und unser Engagement wider, die besten Lösungen für unsere Kunden zu bieten.